
Benedict Wells
Die Geschichten in uns: Vom Schreiben und vom Leben.
Zürich: Diogenes, 2024. 400 Seiten.
In Grundton und Aufbau folgt Benedict Wells Stephen Kings On Writing: A Memoir of the Craft (2000; dt. Das Leben und das Schreiben), einem unbestrittenen Klassiker des Genres. Auch Wells beginnt mit Autobiografischem. Er blickt zurück auf seine Kindheit und Jugend, erzählt von schwierigen Anfängen und berichtet zwischen schonungsloser Selbstkritik und Ironie, wie er zum Schreiben fand und erst nach zahlreichen Rückschlägen damit Erfolg hatte. «Ich habe Geschichten erfunden», gesteht er im Vorwort, «weil ich meine eigene lange nicht erzählen konnte.»
Teil zwei widmet sich dann in einer Mischung aus Poetikvorlesung und Schreibratgeber den Verfahren und Fallstricken des literarischen Schreibens. Es sind persönliche Schlaglichter, die zwar nicht durchwegs neue Tipps und Einsichten vermitteln, aber in der Verbindung einschlägiger Quellen mit eigenen Schreiberfahrungen und anhand konkreter Textbeispiele aufzeigen, dass es nicht nur den einen richtigen Weg gibt. Scheitern und Durchhaltewillen gehören unweigerlich dazu. Denn – Talent hin oder her – Schreiben bedeutet harte Arbeit. Selbst wenn man von Mal zu Mal dazulernt, die Abläufe kennt und routinierter vorgeht, bedeutet ein neues Buch, dass man wieder ganz von vorne beginnt und vor Fehlern nicht gefeit ist. Vom anfänglichen Funken bis zum fertigen Manuskript und dem veröffentlichten Buch ist es ein weiter Weg, ganz nach dem Motto: «Man kann beim Schreiben alles überarbeiten – ausser weisse Seiten.» (Auszg)
– Daniel Ammann, «Faszination des Schreibens.» Akzente 3/2024, blog.phzh.ch/akzente und PDF-Download.

George Saunders
Bei Regen in einem Teich schwimmen: Von den russischen Meistern lesen, schreiben und leben lernen.
Aus dem amerikanischen Englisch von Frank Heibert.
München: Luchterhand, 2022. 544 Seiten.
Saunders nimmt sieben klassische Kurzgeschichten der grossen russischen Schriftsteller Anton Tschechow, Iwan Turgenjew, Leo Tolstoi und Nicolai Gogol unter die Lupe und führt uns Schritt für Schritt durch die Lektüre. Es geht darum, die «Physik des Genres» zu begreifen und herauszufinden, wie die Meister zu Werke gehen und auf welche Weise die Texte ihre einzigartige Wirkung entfalten. Ein besonderes Augenmerk legt Saunders dabei auf Figuren und Handlung, sich verändernde Leseerwartungen sowie Muster, die sorgfältig etabliert und alsdann kunstvoll variiert oder unterlaufen werden. (Auszug)
– Daniel Ammann, Akzente 1/2023, blog.phzh.ch/akzente und magoria.ch/dam/von-meistern-lernen.

Michael Maar
Die Schlange im Wolfspelz: Das Geheimnis grosser Literatur.
Hamburg: Rowohlt Verlag, 2020. 655 Seiten.
Was ist guter Stil? Und was hat das mit grosser Literatur zu tun? Schon Plato und Aristoteles waren uneins, ob es sich bei rhetorischen Mitteln nur um Routinen und Kunstgriffe oder bereits um wahre Kunst handelt. In seiner definitorischen Annäherung vermag auch Michael Maar Inhalt und Form nicht einfach zu trennen.
Aber er zeigt eingangs, wie der Balanceakt gelingt, welche Rolle Wortwahl, Syntax, Klang und Metaphern, Regeln und Regelbrüche spielen. Im umfangreichen Mittelteil geht es dann in die grosse Bibliothek, zu kenntnisreichen Einzelbetrachtungen und scharfsinnigen Fallanalysen. Nach einem Kürzestausflug in die Lyrik schliesst die Tour d’Horizon mit der vergnüglichen Erkundung eines ebenso alltäglichen wie heiklen Phänomens. Anhand alter wie neuer Klassiker und zeitgenössischer Texte zeigt Maar, wie Literatur mit der Darstellung des Erotisch-Pikanten umgeht. Denn hier hängt alles vom guten Stil ab.
– Daniel Ammann, Akzente 4 (2021): S. 38. blog.phzh.ch/akzente.

James Wood
Die Kunst des Erzählens.
Aus dem Englischen von Imma Klemm. Mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2011. 237 Seiten.
Literatur lehrt uns Aufmerksamkeit. Dadurch werden wir nicht zu besseren Menschen, aber gewiss zu besseren Beobachtern. In seinem Buch mit dem doppeldeutigen Titel How Fiction Works führt der renommierte Literaturkritiker James Wood an Textbeispielen vor, wie das funktioniert, wenn uns die Prosa eines Romans in Bann zieht und mit subtilen Mitteln unseren Blick einstellt. Wie ist das gemacht? Welche Kräfte sind da am Werk? Wood versteigt sich nicht in poetologische Belehrungen und verzichtet weitgehend auf erzähltheoretische Ausführungen. Er hält ganz einfach die Lupe über den Text. Wie der Begleitkommentar auf dem Bonustrack einer DVD lenkt er unser Augenmerk auf Details, auf den Rhythmus eines Satzes, auf den kaum spürbaren Wechsel zwischen Figuren- und Autorensprache. Wir werden Zeuge, wie Flaubert den modernen Realismus erfindet und Prosa in Poesie verwandelt. Wir schauen Joyce über die Schulter, wenn er mitten im Satz den Blickwinkel ändert, oder wir entdecken bei Henry James und Virginia Woolf «die besten Wörter in der besten Reihenfolge». Anders als bei der Enthüllung eines Zaubertricks schlägt unsere Neugier dabei nicht in Ernüchterung oder Enttäuschung um. Woods Verfahren des «Close Reading» schärft vielmehr unsere Sinne und lässt Genuss und Bewunderung wachsen.
– Daniel Ammann, «Lesen in Nahaufnahme.» ph akzente 1 (2012): S. 37.

Zehn Gebote des Schreibens.
München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2011.
176 Seiten.
42 Schriftstellerinnen und Schriftsteller – von Margaret Atwood bis Juli Zeh – verraten ihre goldenen Regeln des Schreibens. Welche Rolle spielen Publikum und Erfolg? Wie bringt man Leben und Schreiben in Einklang? Von den Grössten kann man lernen, wie es geht, und von den Modeautoren, wie man es auf keinen Fall machen sollte.
Die Idee mit den zehn Geboten geht auf den amerikanischen Erfolgsautor Elmore Leonard zurück, der seine Regeln 2001 für die New York Times niederschrieb. Als seine «10 Rules of Writing» 2010 in Buchform erschienen, brachte das den englischen Guardian auf den Gedanken, weitere Literaturschaffende nach ihren Regeln zu fragen. Ein Drittel dieser Autoren sind in der deutschen Ausgabe ebenfalls vertreten. Ergänzt werden sie durch deutschsprachige und internationale Stimmen. Das hellblaue Büchlein im Taschenformat präsentiert sich als aphoristische Sammlung aus Schreib- und Lebenserfahrung. Erfolgsrezepte sind dabei nicht zu erwarten. (Auszug)
– Daniel Ammann, «Regeln für die Ausnahme.» Neue Zürcher Zeitung 18.4.2012: S. 51.

David Lodge
Die Kunst des Erzählens.
Illustriert anhand von Beispielen aus klassischen und modernen Texten. Aus dem Englischen von Daniel Ammann.
Zürich: Haffmans, 1993. 289 Seiten. / München: Diana, 1998. 351 Seiten.
Anhand zahlreicher Werke aus der Weltliteratur liefert David Lodge den Nachweis, dass Erzählen eine Kunst ist, die durchaus spannend, unterhaltend und lehrreich zugleich sein kann. Die Texte wollen den Leser:innen helfen, Literatur und Literaturtheorie besser zu verstehen und bei eigenen schriftstellerischen Versuchen die Techniken entsprechend zu beherrschen. Es geht um Themen wie den Anfang, die Spannung, die Perspektive, die Namensgebung, die Wiederholung, die Symbolik, die Allegorie. Verschiedene literarische Gattungen werden vorgestellt wie der Briefroman, der experimentelle Roman, der humoristische Roman, der Tatsachenroman.Die Beispiele, die Lodge anführt, reichen von Jane Austen, Lawrence Sterne, Charles Dickens, James Joyce und vielen ihrer Zeitgenossen bis zu J. D. Salinger, Kingsley Amis, Milan Kundera, John Updike, Anthony Burgess oder William Golding.
– magoria.ch/dam/die-kunst-des-erzaehlens
Weitere Schreibratgeber

Doris Dörrie
Leben, schreiben, atmen: Eine Einladung zum Schreiben.
Zürich: Diogenes, 2019. 277 Seiten.
Die deutsche Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie versteht sich auf Geschichten. In ihrer sehr persönlichen «Einladung zum Schreiben» geht sie von der einfachen wie eigenwilligen Prämisse aus, dass man beim Schreiben immer von sich spricht.
«In einem endlosen inneren Monolog erzählen wir uns Geschichten über uns selbst.» So kann alles zum Schreiben inspirieren. In kurzen, autobiografisch motivierten Textstücken macht es uns die Autorin vor. Ausgehend von Erinnerungsstücken, Momentaufnahmen, verloren geglaubten Kindheitsbildern oder wiederkehrenden Motiven hält sie Rückschau auf Lebensabschnitte, flüchtige oder prägende Episoden. Dabei entspinnen sich assoziative Erzählungen, lassen Gefühltes und Erlebtes aufscheinen und verweben früher und jetzt. Mit jedem Blick in die eigene Schatzkiste zaubert die Autorin beispielhaft etwas hervor, holt es schreibend ans Licht und fordert ihre Leserinnen und Leser anschliessend dazu auf, es ihr gleichzutun.
– Daniel Ammann, «Schreiben als Leben.» Akzente 1/2020, S. 34. blog.phzh.ch/akzente

Wolf Schneider
Deutsch für junge Profis: Wie man gut und lebendig schreibt.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch, 2011. 191 Seiten.
Stell dir vor, es ist Text, und keiner liest ihn.
Wolf Schneider schreibt zwar immer wieder das gleiche Buch, aber er tut dies kurzweilig und prägnant. 50 Regeln waren es in Deutsch fürs Leben, 44 Empfehlungen in Deutsch!. Für junge Profis hat der Altmeister seine Maximen nun auf 32 Rezepte eingekocht. Wer diese beherzigt, schreibt klar und verständlich und zollt damit seinen Leser:innen Respekt.
Ganz ohne Plage geht das zwar nicht, warnt Schneider, aber er verlangt nicht Unmögliches. Präzis und prall sollen die Wörter sein, schlank und schlicht die Sätze. Ob wir bloggen, mailen, simsen oder wissenschaftlich schreiben: Wer gelesen werden will, macht es seinem Publikum nicht unnötig schwer. Für aufgemotzte Modewörter und abgeleierte Adjektive gibt es deshalb Rote Karten. Schneider wettert gegen bemooste Textbausteine, spiesst die Hängebäuche eingeschobener Nebensätze auf und erklärt dem akademisch-bürokratischen Imponiergehabe den Krieg. Einfach-drauflos-Schreiber nimmt er ebenso ins Visier wie verkorkste Germanisten oder Grossmeister des Marketing-Jargons. Da schiesst Schneider dann gerne mal übers Ziel hinaus.
Liebe deinen Leser wie dich selbst, lautet die forsche Botschaft. Dabei prangert der Stilpapst nicht nur an: Er praktiziert auch, was er predigt. Seine Prosa hat Pfeffer und Pfiff und putscht selbst ältere Profis auf.
– Daniel Ammann, ph akzente 2 (2011): S. 41.