Erste gesprochene Worte und erste gedruckte Sätze – das passt gut zusammen.
In Maddalena Fingerles Debütroman Muttersprache schlägt sich der Ich-Erzähler mit Sprachen herum. Er sei von Wörtern besessen, heisst es im Klappentext. «Wörter haben für ihn Geruch, Farbe oder Klang.»

Vielleicht erklärt diese Leidenschaft und das Gefangensein in Mehrsprachigkeiten und kultureller Vielfalt den logischen Widerspruch dieses Anfangs, der die Geburt und den Beginn des Sprechens in eins setzt und zeitlich zusammenfallen lässt.
«È da quando sono nato che mia madre piange. Piange perché la mia prima parola è parola. Piange perché dico parola e non mamma.»
Ist er als Hinweis darauf zu lesen, dass wir durch den Spracherwerb noch einmal geboren werden und sich unsere persönliche und kulturelle Identität damit erst richtig auf den Weg macht?
Daniel Ammann, 1.9.2025

Maddalena Fingerle
Muttersprache.
Aus dem Italienischen von Maria E. Brunner..
Wien: Folio Verlag, 2022. 191 Seiten.

