Die Arbeit am Text ist wenig fotogen. Wird der Schreibakt trotzdem auf die Leinwand gebracht, dann nur in Extremform, als wilder Aus- oder fataler Zusammenbruch.
Auch 200 Jahre nach ihrem Tod tauchen Menschen gerne in Jane Austens Geschichten ein. Ihre Romane werden erfolgreich für die Leinwand adaptiert, zuweilen parodistisch transponiert wie in der Komödie à la Bollywood Bride & Prejudice (Gurinder Chadha 2004) oder schamlos mit fremden Genre-Elementen aufgemischt wie im Horrorstreifen Stolz und Vorurteil & Zombies (Burr Steers 2015). Nicht zu vergessen die romantischen Biopics Becoming Jane (Julian Jarrold 2007) und Miss Austen Regrets (Jeremy Lovering 2008), in denen die Autorin Liebesgeschichten wie aus einem ihrer Romane durchlebt. Aber selbst Jane Austens Leserinnen und Leser können zu Protagonisten werden. Der Film The Jane Austen Book Club (Robin Swicord 2007) nach der Vorlage von Karen Joy Fowler erzählt von sechs Personen, die sich monatlich treffen, um die Romane der grossen Autorin zu diskutieren und etwas für ihr eigenes Leben zu lernen.
In Dan Zeffs TV-Mehrteiler Lost in Austen (KSM 2017) nimmt Immersion noch dramatischere Züge an. Eine passionierte Austen-Verehrerin aus dem 21. Jahrhundert gerät durch ein geheimes Hintertürchen direkt ins Haus der Bennets aus Stolz und Vorurteil und hat bald alle Hände voll zu tun, damit sich Mr. Darcy nicht in sie verliebt und den Plot ihres Lieblingsromans durcheinanderbringt.
Für die eingefleischten Fans zählen vor allem die Originale. Damit deutschsprachige Leserinnen und Leser auch in den Genuss kommen, legt der Manesse Verlag zum Austen-Jubiläum Vernunft und Gefühl in einer gelungen frischen Übertragung von Andrea Ott vor. Jane Austen bleibt also aktuell.
Schriftsteller und Autorinnen werden oft zu Filmfiguren, seien sie reale oder fiktive Gestalten. Wie sich ihre Tätigkeit jenseits von geführten Federn und gedrückten Schreibmaschinentasten inszenieren lässt, dafür haben Filmemacher die verschiedensten Lösungen gefunden, wie auch Beispiele aus jüngster Zeit zeigen.
«Tinte, Tasten, Typenhebel: Zur Inszenierung des Schreibens im Film.» Neue Zürcher Zeitung 5.1.2013: S. 55.